Als ob man ein Stück der eigenen Seele verliert: Man entspannt im Urlaub an der Adria und plötzlich ist der Reisepass weg. Das ganze Selbst, das Ego, die Identität fühlt sich nicht mehr komplett. Ein Eck ist weg. Egal, ob ein Dieb oder die eigene Unachtsamkeit die Ursache ist: Auf einmal steht man vor dem eingeschränkt lustigen Urlaubsabenteuer der (Wieder-)Beschaffung eines Reiseausweises. Und nicht selten artet dieses in eine Schnitzeljagd zwischen Behörden aus. Was ist zu tun, wenn man im Urlaub in Kroatien ohne Pass dasteht? [Dieser Artikel richtet sich an Österreicher. Infos für deutsche Staatsbürger gibt es hier.]
Gleich vorweg: Kroatien ist von Österreich bzw. dem dazwischen liegenden Slowenien durch eine relativ gut kontrollierte Schengen-Außengrenze getrennt. Die Ausreise aus Kroatien ohne Dokument funktioniert am besten per Jacht (da wird am schlampigsten kontrolliert), fährt man über einen Autogrenzübergang ins Ausland, muss man auf das eher unwahrscheinliche Glück hoffen, dass man auf beiden Seiten durchgewunken wird. Und will man per Flugzeug ausreisen, grenzt es an ein Wunder, wenn man in Kroatien durch die Passkontrolle und ins Flugzeug gelassen wird, ohne dokumentarisch belegen zu können, dass man existiert und einen Namen hat. Was ist also zu tun?
Es folgen eine To-Do-Liste für den Fall der Fälle, wenn einem in Kroatien der Reisepass abhanden kommt:
Ist ein zweites Dokument da?
Es klingt idiotisch, aber im Fall der Fälle übersieht man manchmal die leichteste Lösung: Steckt da zwischen den Kreditkarten nicht der Personalausweis? Der reicht für die Ausreise in deutschsprachige (EU- und assozierte) Länder.
Zeit genug für die Post?
Ist der Pass weg, aber noch 12 Tage Urlaub da? Und Tante Erika kann den gut verwahrten Personalausweis zu Hause aufstöbern und per FedEx oder DHL schicken? Dann ist das die deutlich bequemere Variante als die weiter unten beschriebene. Jedenfalls sollte man (Stand 1. Hälfte 2018) UPS vermeiden, mit FedEx und DHL werden bessere Erfahrungen hinsichtlich der Zustellungsgeschwindigkeit kolportiert, wenn es um das Nachschicken von Dokumenten aus Österreich geht.
Bin ich ein risikofreudiger Mensch?
Wenn man Mut zum Risiko hat, dann macht man am besten eine Verlustanzeige bei der hiesigen Polizei (siehe dazu unten) und hofft darauf, dass man mit der Polizeibestätigung über Slowenien rückreisen kann. Nach Auskunft der österreichischen Botschaft funktioniert das bei PKW-Reisenden in der Regel sehr gut. Selbst bei Flugreisen soll das schon funktioniert haben, doch ist man da im Falle des Falles auf die Barmherzigkeit der kontrollierenden Fluglinien-Bediensteten und Polizisten angewiesen. Und zum Glauben an weit verbreitete Barmherzigkeit benötigt man eine gehörige Portion Gottvertrauen.
Das Schlimmste: Notpass beantragen
Wenn kein weiteres Reisedokument verfügbar ist, dann hilft nur eines: Einen Notpass zu beantragen. Verbunden damit ist der Kontakt mit der österreichischen Botschaft in Zagreb. Im Normalfall wird man sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, einen Abstecher in der schönen Stadt zu machen. Idealerweise bei der Rückreise, wenn man nicht von Wochenende auf Wochenende unterwegs ist.
Folgende Schritte sind dazu zu tun:
1. Passverlust (bzw. -diebstahl) anzeigen
Die kaum einer Fremdsprache mächtigen Polizeibeamten möchten vom Antragsteller eine ungefähre Beschreibung des Tathergangs wissen. Das kann ein wenig anspruchsvoll werden, wenn man in slawischen Sprachkenntnissen unbedarft ist. Notfalls muss man eben s rukama i nogama (mit Händen und Füßen) miteinander kommunizieren. Pantomime-Erfahrung und ein Wortverzeichnis sind in solcher Situation hilfreich. Jedenfalls kann man auf einem Blättchen die für die Anzeige erforderlichen Angaben (eigener Name, bei Frauen Mädchenname, Geburtsdatum und -ort sowie Wohnadresse) in Blockschrift auf einen Zettel geschrieben bereithalten.
Zur gültigen Einreichung des Antrages bei der Polizei ist überdies eine Stempelmarke im Wert von HRK 20,– (Stand Juni 2018) nötig, die man sich praktischerweise bereits am Weg zur Polizei kaufen kann: Jeder mit TISAK beschriftete Kiosk hält diese schmucken Zeugnisse österreichisch-ungarischer Verwaltungstradition feil; man erhält sie, wenn man „Taxe dvazet kune, molim“ (bzw. hochkorrekt: „Dvazet Kune taxih marka“) sagt.
Nach Aufnahme der Daten stellt die Polizei die Anzeigebestätigung aus. Damit kann man dann bei den Vertretungsbehörden ein Ersatzdokument beantragen. Dazu ist zu beachten, dass Österreich kein ausstellungsbefugtes Konsulat an der dalmatinischen Küste unterhält, sodass der umständliche Ausflug zur Botschaft nach Zagreb unausweichlich bleibt.
2. Kontakt mit der Botschaft aufnehmen
Man benötigt einige Unterlagen und sonstige Dinge zur Beantragung eines Reisedokuments. Zur Überprüfen der aktuellen Anforderungen aber auch zur Absicherung der Öffnungszeiten empfiehlt sich mit der Botschaft Kontakt aufzunehmen bevor man sich auf die Reise macht. Damit man nicht vielleicht einen Feiertag übersieht oder gar zu wenig Geld dabei hat.
3. Identitätsnachweis
Die Botschaft benötigt zur Ausstellung eines Reisedokumentes einen Identitätsnachweis. Dieser kann durch Passkopie oder durch Identitätszeugen (der sich wiederum ausweisen muss) erfolgen. Schon im Vorfeld ist hier die Kontaktaufnahme mit der Botschaft hilfreich, um diesen Schritt eventuell zu beschleunigen.
4. Antrag und Passfoto
Darüber hinaus ist die Passausstellung zu beantragen. Wer das Formular bereits im Vorfeld ausfüllt, erleichtert den Amtsweg. Bereits im Vorfeld sollte man sich um ein den EU-Kriterien entsprechendes Passfoto kümmern.
5. Geld oder Exil
Und dann sind da noch Gebühren in Höhe von EUR 76,– für den Notreisepass fällig, die in örtlicher Währung (Stand Juni 2018), also etwa HRK 562,–, zu erlegen sind. Wer die benötigten Münzen nicht zusammenzukratzen imstande ist, bleibt für immer in Kroatien – oder hat die Bankomatkarte dabei.
6. Der Notpass
Der Notpass, den man dann erhält, ist nur für einen eingeschränkten Zeitraum (meist ein halbes Jahr) gültig. Der cremefarbene Pass berechtigt vor allem zur Heimreise. Für jede weitere Reise sollte ein „ordentlicher“ Pass beantragt werden, notfalls auch ein Expresspass zu höheren Gebühren.
Kroatien ist übrigens bestrebt, bereits 2019 der Schengen-Zone beizutreten, was dann das hier beschriebene Prozedere obsolet macht, wenn man auf dem Landweg Richtung Heimat reist. Denn dann würde sich natürlich die (prinzipiell illegale, doch aufwandsschonende) ausweislose Fahrt über die Grenze anbieten.
PS: Wirklich mühsam wird die Geschichte, wenn man in Dubrovnik den Pass verliert, denn dann bleibt angesichts der relativ strengen (zweifachen) Passkontrollen an der bosnischen Grenze bei Neum nur die Möglichkeit, per Fähre die bosnische Küste zu umgehen, da man den Notpass persönlich beantragen muss. Die Idee, dass diplomatische Vertretungen der EU im Notfall auch EU-Staatsbürgern zu helfen verpflichtet sind, führt insofern ins Leere, als diese Regelung nur ganze Staaten betrifft. Ergo, die belgische Botschaft darf mir als Österreicher erst dann helfen, wenn es in ganz Kroatien keine österreichische Vertretungsbehörde gäbe. Ab gesehen davon werken in Dubrovnik nur Honorarkonsule, die keine Pässe ausstellen dürfen.
Zum Abschluss ein paar wesentliche Links:
Was ist ein Notpass? Offizielle Informationen der Behördeninformation help.gv.at.
Die generellen Kriterien zur Ausstellung eines Notpasses für Österreicher finden Sie hier.
Kontakt der österreichischen Botschaft Zagreb:
Radnicka cesta 80, 9. Stock, (im Zagreb-Tower),
HR-10000 Zagreb
Telefon: +38514881050
Mo-Fr 9-12
https://www.bmeia.gv.at/oeb-agram/