Mao Tsetung erhofft man sich vergebens und auch Che Guevara. In Kroatien hält man’s nicht mehr so sehr mit Stalinisten. Auch dann nicht, wenn ihr Bild zu einer Ikone der Neuzeit wurde. Selbst die Katze auf dem heißen Blechdach in der Pop-Art-Version hat es nicht bis an die Adriaküste geschafft.
Doch die kleine Schau ins öffentliche Werk und private Werken von Andy Warhol, derzeit im kroatischen Zadar, ist dennoch besuchenswert.
Mit einem Klacks Pop-Art wird man in die Welt des slowakisch-stämmigen Vermarkters und Selbstvermarkters gestoßen. In greller Raumgestaltung in rot, grau, rosa erkennt man einiges wieder. Die Blumen im Seidendruck hat man irgendwo schon einmal gesehen, Edward Kennedy natürlich auch. Und dann sind da die vielen Frühwerke von küssenden Adipositas-Engeln, die im Stile an Chagall erinnern (der voriges Jahr im Rektorenpalast der Stadt zu Gast war). Viel rosa Raum nimmt die alles überstrahlende Ikone Marilyn Monroe ein. Ganz gewohnt in grellen, glanzvollen, schrillen Falschfarben.
Viele berühmte Drucke hätte man sich erhofft, aber MMA und Konsorten verleihen nichts an die dalmatinische Provinz. Egal. Der wahre Wert der Ausstellung hängt zwischen den weltbekannten Pressungen. Frequentiell umrahmt von einer aggressiven Hintergrundcollage von Kinks, Stooges und Bauhaus zeigt die Schau Warhols grellbuntes Leben in schwarzweiß. In scharfkantingen Momentaufnahmen erscheint ein exzentrischer Künstler. Ein Avantgardist, der um seinen Wert weiß, umgeben von Jüngern, die ihn preisen. Eine Ikone der noch jungen Branche Werbung. Eine Persönlichkeit der Öffentlichkeitsarbeit, die sich selbst zur öffentlichen Person inszeniert. Dem aufmerksamen Besucher wird ein Weg eröffnet, sich in der behutsam arrangierten Querschau der Abzüge ein wenig zur Person Warhol durchzuarbeiten und dabei einen Blick auf den Menschen hinter dem schrillen Äußeren zu erhaschen. Seiner innigen Beziehung zur Mutter wird verdient breiter Raum gewährt. Und seiner Herkunft aus einer ruthenischen Bauernfamilie Pennsylvanias. Und – Pop! – im nächsten Raum ist er schon erwachsen: Dann steht er da, der der Gesellschaft den Spiegel der Werbung entgegenhält – eskortiert von der berühmtesten Suppendose der Welt.
Zeitgeist mit sensibler Persönlichkeit
Der fotografische Rundgang durch die „Factory“, sein Atelier, bringt eine Facette des Künstlers zutage, die man der kleinen Ausstellung auf sechs Räumen gar nicht zugetraut hätte: Warhols lange Auseinandersetzung mit dem Tod. Warhols Selbstinszenierungen in seiner Werkstatt zeigen den Idealisten, den schaffenden Präger des Zeitgeist. Vor 1968.
Dann das Attentat. Hier leistet sich die Ausstellung unfreiwillig Komisches: Die Schau zeigt groteskerweise die Krankenhausrechnung, nicht aber ein Bild der durch ihre Tat zu unverdienter weltweiter Bekanntheit gelangten Attentäterin Valerie Solanas.
Den durch dieses traumatische Erlebnis bedingten Persönlichkeitswandels Warhols kann die Ausstellung durch einige wenige, kontrastierend platzierte Fotos dramatisch zeigen. Und diese entscheidenden Blicke machen Zadars Annäherung an Andy Warhol zu einer geglückten Schau mit unvermuteter Tiefe.
In den Augen der Selbstporträts, allesamt entstanden nach dem nur knapp überlebten Attentat, will man den rückzugswilligen, ängstlicher, lebensabgewandter gewordenen Individualisten erkennen. Und so wird hier auf kleinem Raum ein Bild eines Mannes gezeigt, das sehr umfassend wirkt, egozentrisch, individualistisch, dunkel und – einsam. Ein Bild, das mehr – weit mehr – als tausend Worte sagt.
Rektorenpalast (Knežava Palac) Zadar
15.6.-15.9.2018
tägl. 9-22 (ab 1.7. sogar 9-24)
Eintritt HRK 80,–
Hey Danke fuer die schoene Zeit auf dieser Webseite.
Macht weiter so. Da kommt man gerne wieder.